Faserqualität
Der wolltest
Wollfeinheit, Ebenmässigkeit, Kräuselung/Kurvatur, Komfortfaktor, Spinnfeinheit.
Wollfeinheit
Die Wollfeinheit ist die wichtigste wertbestimmende Eigenschaft von Wolle. Sie wird anhand des Faserdurchmessers bestimmt und hat einen sehr grossen Einfluss auf den Wollpreis. Es ist jene Eigenschaft der Wolle, die am ehesten mit der Wollqualität identifiziert wird. Die Feinheit nimmt mit dem Alter der Tiere etwas ab, d.h. der Durchmesser nimmt je nach Tierart ein bis mehrere µ zu. Jungtiere vsind meist etwas feiner als adulte Tiere; Begriffe wie Lammwolle, kid mohair etc werden manchmal auf Kleidungsetiketten angegeben.
Es gibt verschiedene Methoden den Durchmesser der Wolle zu bestimmen.
Wooltest.ch besitzt eine OFDA 2000 für optische Messungen, welche den Durchmesser der Wolle in Mikrometer (μm) ausgibt.
Ebenmässigkeit
Foto und Vlies (MFD 15.4µ, SD 2.2µ.) von Paul Vallely, Aug. 2016. aus einem Artikel von Paul Vallely: Should alpaca breeders use SD or DV when evaluating fibre traits.
Die Homogenität der Wolle eines Tieres, einer ganzen Schur oder eines Lots Wolle wird anhand verschiedener Streumasse ermittelt. Diese statistischen Kenngrössen sagen aus, wie ebenmässig die gemessene Wolle und das künftige Garn ist. In der Zucht und der Wollindustrie sind die Standardabweichung und der Variationskoeffizient wichtige Kennzahlen.
Die Messungen werden grafisch oder tabellarisch dargestellt (siehe Report der Faseranalyse). Der Durchschnitt der gemessenen Haare, die Standardabweichung (SD) und der Variationskoeffizient (CV) werden berechnet.
Ebenmässigkeit : Standardabweichung
Die Standardabweichung (SD) ist eine statistische Größe, die den Grad der Variation der Faserfeinheit über und unter dem durchschnittlichen Faserdurchmesser (MFD) misst. Je höher die SD ist, desto variabler ist die Vliesprobe.
- Achtundsechzig Prozent der Fasern liegen innerhalb einer SD beiderseits des Durchschnitts, und
- Fünfundneunzig Prozent der Fasern liegen innerhalb von zwei Standardabweichungen beiderseits des Durchschnitts.
Ebenmässigkeit : Variationskoeffizient
Der Variationskoeffizienten des Faserdurchmessers ist ein relatives Maß für die Schwankung des Faserdurchmessers innerhalb einer Vliesprobe und wird in % ausgedrückt. Er ist ein Mass für die Ebenmässigkeit einer Vliesprobe. Je grösser der CV, desto größer ist die Variabilität der Vliesproben bei gleichem durchschnittlichen Faserdurchmesser.
Der CV wird anhand des durchschnittlichen Faserdurchmessers und der Standardabweichung berechnet und in Prozent ausgedrückt:
CV = (Standardabweichung / durchschnittlicher Faserdurchmesser) x 100
Der CV sollte unter 24% liegen. Je tiefer der Faserdurchmesser, umso wichtiger ist ein tiefer CV. Ein CV einer Kaschmirziege mit 15µm von 24% ist akzeptabel, bei einer Kaschmirziege mit 12.5µ wünscht man sich den Variationskoeffizienten tiefer.
Kräuselung - Kurvatur
Kräuselung - Crimp
Die Fasern der meisten Tierarten sind gekräuselt. Neben der von Auge erkennbaren Kräuselung weisen die Fasern feine Krümmungen auf, die gemessen werden können.
Die Kurvatur beschreibt die «Wellen» der Fasern. Je höher die Kurvatur umso höher die Kräuselungshäufigkeit (Anzahl Wellen eines Haarabschnittes) pro Längeneinheit. Eine starke Kurvatur macht die Wolle elastisch und ergibt ein voluminöseres Garn, das leicht und wärmedämmend ist.
Eine geringe Kurvatur ergibt glatte, glänzende Garne, und dadurch fließend fallende Textilien.
Kurvatur - Messung
Gemessen wird die Kurvatur in Grad/mm an einem Haarabschnitt von einem mm.
Der Winkel A, der durch den 1 mm langen Bogen gebildet wird, kann als der Winkel betrachtet werden, der in der Mitte eines Kreises liegt, zu dem der 1 mm lange Bogen gehört.
50 Grad/mm oder weniger gilt als flache Kurvatur, 60 und 90 Grad/mm gelten als mittlere Kurvatur und mehr als 100 Grad/mm gilt als hohe Kurvatur.
Mit zunehmendem Faserdurchmesser wird die Kurvatur flacher. Hier einige Beispiele:
- Eine 30µm Vlieswolle hat typischerweise eine geringe Krümmung und eine breite Kräuselung. Die Kräuselungsfrequenz liegt bei etwa 2 Kräuselungen/cm.
- Eine 21µm Merinoschurwolle hat typischerweise eine mittlere Krümmung und eine mittlere Kräuselung. Die Kräuselungsfrequenz liegt bei etwa 4 Kräuselungen/cm.
- Eine 16µm Superfine Merinoschurwolle hat typischerweise eine hohe Krümmung und eine feine Kräuselung. Die Kräuselungshäufigkeit liegt bei etwa 7 Kräuselungen/cm
Wenn die Kurvatur der Wolle erhöht werden soll, dann muss mit Böcken und Auen gezüchtet werden, die eine hohe Kurvatur vererben.
Feinheit und Komfort
Komfortfaktor - Prickle factor
Der Komfortfaktor wird in Prozent ausgedrückt und sagt aus, wieviel Prozent Fasern in der Wollprobe dicker als 30 µ sind. Dickere Haare können den Träger eines Kleidungsstückes kratzen. Empfindliche Träger reagieren durchaus schon bei Wolle die eine Feinheit über 20 µ aufweist. Das ist mit ein Grund warum Kaschmir oder superfeine Merinowolle (bis 18.5 µ) als weich und hautfreundlich empfunden wird. Idealerweise haben die Proben von Tieren mit einem tiefen Durchmesser einen Komfortfaktor von 100%, d.h. es wurden keine Fasern dicker als 30µ in der Probe gefunden.
Spinnfeinheit
Die Spinnfeinheit (SF) gibt einen geschätzten Mikronwert des versponnenen Garns an, der mit diesen Fasern erreicht werden kann. Die Spinnfeinheit wird aus dem mittleren Faserdurchmesser und dessen Variationskoeffizienten (CV) berechnet. Die ursprüngliche Theorie stammt von Martindale. OFDA verwendet die Formel von Butler und Dolling, welche die Gleichung so normalisiert, dass bei einem CV von 24% die Spinnfeinheit gleich dem mittleren Faserdurchmesser ist. Wenn der CV unter 24% liegt, wird Spinnfeinheit tiefer als der mittlere Faserdurchmesser sein. Wenn der CV über 24% liegt, wird die Spinnfeinheit höher als der mittlere Faserdurchmesser sein (vgl. obige Tabelle).
Als Faustregel gilt: eine Verringerung des Variationskoeffizienten um 5 % entspricht in ihrer Wirkung auf das Spinnen einer Verringerung des mittleren Faserdurchmessers um 1 m.
Die wichtigste Preisdeterminante für Wolle ist er mittlere Faserdurchmesser, nicht die Spinnfeinheit. Für die Bewertung einzelner Tiere wird sie kaum verwendet.